Amerika – ein anderes Amerika als wir es heute kennen.
In den Jahren nach 1830 ziehen sich viele Völker der rechtmäßigen Besitzer des Landes, die Indianer, vor dem Ansturm der weißen Siedler zurück.
In der verzweifelten Hoffnung auf Frieden räumen sie immer wieder ihr Land, machen immer wieder Platz für die nachströmenden Massen der Neuankömmlinge.
So auch der Stamm der jungen Indianerin „Sonne die am Morgen leuchtet“ wegen ihres fröhlich-faszinierenden Wesens von allen nur Sunshine, „Sonnenschein“ genannt.
Sunshine ist anders als die anderen – nicht nur wegen ihrer hellen Haare und ihrer seltsamen, grünen Augen ist sie DIE Sensation. Immer voller Neugier, offen, spontan, frech und ohne Angst geht sie ihren Weg, den sie sich selbst nicht leicht macht. Geradezu abgöttisch geliebt von ihrem Mann, dem beeindruckenden jungen Häuptling Blue Eyed Dark Wolf, glücklich mit ihrem Leben im Kreis ihrer Familie und Freunde, möchte auch sie nur das, was all die anderen auch wollen
– in Frieden leben dürfen.
Ihre große Begeisterung und Zuneigung für den gefürchteten, unnahbaren Medizinmann Two Faces teilen nur wenige. Sein Wissen scheint grenzenlos. Seine Fähigkeit zu heilen und aus den Gegebenheiten der Natur Dinge herzustellen, die wahlweise Leben retten oder Menschen töten können, faszinieren Sunshine seit ihrer Kindheit. Wo andere den dunklen, weisen Mann fürchten, sucht sie immer wieder seine Nähe.
Two Faces kapituliert vor so viel uneingeschränkter Zuneigung und nimmt Sunshine unter seine Fittiche. Zwischen den beiden so unterschiedlichen Menschen wächst mit den Jahren eine tiefe, eine ganz besondere Freundschaft.
Doch der Friede ist in Gefahr. Der Frühling brachte neue Schiffe aus der anderen Welt, neue Menschen, die neues Land fordern und im nahen Fort Unterschlupf finden. Mit ihnen kommt auch ein neuer Kommandant und mit ihm das Gefühl der Angst in Sunshine.
Die Armee droht mit der Räumung des Landes auf dem die Stämme von Dark Wolf und seines väterlichen Freundes Standing Bear leben. Ein weiteres Mal zeigen sich die eigentlichen Besitzer des Landes als die Einsichtigeren. Vor allem Dark Wolf kennt die vielen Geschichten von den Massakern an Frauen und Kindern. Mit aller Macht will er Sunshine und sein Volk davor bewahren. Schon als kleines Kind hat er ihr geschworen, sie ihr ganzes Leben zu beschützen, was bei Sunshines diversen gewagten Aktionen und ihren seltsamen Ideen ein schwieriges Unterfangen ist – doch nun wird es immer noch schwerer, sein Versprechen zu halten.
So geben sie wieder einmal ihre Heimat auf und ziehen weiter. Sunshine ist darüber nicht unglücklich, nachdem sie bei einem letzten Besuch im Fort der Weißen auf den neuen Kommandanten trifft: Seine kalten Eisaugen scheinen sie zu durchbohren und tief in ihre Seele zu dringen.
Viele Tagesritte von ihrem Dorf finden sie eine neue Heimat. Kühler, rauer und wilder – aber Sunshine genießt die neue Umgebung. Endlich hat sie das Gefühl der Angst, das Gefühl als ob ihr etwas Löcher in den Rücken brennen würde, verloren. Dark Wolf und Sunshine verleben einen Sommer, in dem sie endlich wieder nur das sein dürfen, was sie eigentlich sind: Jung, glücklich und grenzenlos und unendlich verliebt.
Mit dem Herbst kommt nicht nur kühles Wetter, sondern auch die Furcht zurück. Spuren werden entdeckt, sie werden erneut beobachtet. Die wilden Wölfe, denen sie das Leben retteten, warnen sie: Ihr seid nicht mehr alleine. Two Faces lehrt Sunshine nun viel Neues, er lehrt sie zu überleben, doch auch zu töten. Voller Unbehagen blicken sie alle auf die neue Bedrohung, doch sie sind machtlos. Sie selbst dürfen nicht angreifen – es wäre ihrer aller Tod, dessen sind sich alle bewußt.
Der Winter bringt Schnee und Kälte über das Land – Sunshine hasst den Winter und genauso hasst sie das plötzliche, kranke Gefühl in ihrem Körper.
Behutsam erklärt Two Faces ihr, dass dieses Gefühl noch eine Weile andauern wird. Sunshine ist schwanger! Der überglückliche Dark Wolf sieht in dem Kind, das sie erwartet, einen Träger der Hoffnung für ihr ganzes Volk: Wo neues Leben ist, da muss auch eine Zukunft sein. Denn so grausam können die Götter doch nicht sein?
An einem eisigen Wintermorgen wecken sie Gewehrschüsse. Dark Wolfs Hoffnung stirbt im Kugelhagel. Um seinen Sonnenschein zu retten schickt er sie in die winterlichen Berge, dort bietet die Natur ihr Schutz. Doch sie macht einen folgenschweren Fehler. Sunshine stirbt, zu Tode gehetzt von einem Mann, der in ihr die begehrenswerteste Jagdbeute seines Lebens sieht.
Sie stirbt in Dark Wolfs Armen, der ihr zwei Dinge schwört:
Grausame Rache an ihren Mördern und dass er sie wieder finden wird:
Egal wann, egal wo und egal wie. Aus dem besonnenen großen Häuptling wird ein tödlicher Racheengel.
Der Geist eines Menschen kann stark sein – Sunshines Geist war schon immer stark, sehr stark!
Ist sie wirklich tot?
Wer bewahrte Two Faces vor dem sicheren Tod? Wie konnte der Medizinmann seine schlimmen Verwundungen überleben? Wie schaffte er es sich in Schnee und Eis, zum Dorf von Standing Bear durch zu schlagen? Wer ist diese große, seltsame Krähe, die nicht mehr von seiner Seite weicht und die er offenbar mehr liebt als sein eigenes Leben? Two Faces schweigt beharrlich.
Mit Hilfe der Krähe und Two Faces unerklärlichen Voraussagungen schafft Standing Bears Stamm es über den Winter. Der Späher in den Lüften leistet gute Dienste!
Währenddessen bemächtigen sich die Mörder in Uniform ihres zerstörten Dorfes – niemand sonst wollte dieses Land. Verfluchtes Land nennen es die Indianer, selbst die Siedler spüren die dunkle Bedrohung. Sie fürchten den „Dämon der Berge“ – ein Dämon geschaffen von ihrer eigenen Hand. Nacht für Nacht werden Two Faces‘ Träume dunkler und grausamer – er ahnt was geschehen wird, doch verhindern kann und will er es nicht.
In einer einzigen Nacht sterben die, welche selbst grundlos gemordet hatten – Sunshines Tod wird bitter und blutig gerächt. Dark Wolf hat seinen Schwur gehalten – die Eisaugen erlöschen für immer.
Two Faces und seine Krähe beginnen einen Wettkampf mit der Zeit. Sie beginnen den Kampf um das Leben ihres neuen Volkes. Hilfe kommt von gänzlich unerwarteter Seite. Es ist Hilfe, die Brücken baut, die aus Feind ein wenig Freund macht.
Jahre später, als Two Faces sein Ende spürt, begibt er sich zurück in die Berge zu Sunshines Grab. Nur dort, wo Dark Wolf seine junge Frau begraben hat, will er auf seinen eigenen Tod warten. Seine Krähe wich nie von seiner Seite und erst als sie sicher ist, dass sie seine Stimme nie wieder hören wird, dass der stolze Medizinmann tot ist, fliegt sie nach einem letzten Blick auf ihn, in den Himmel, die grünen Augen auf der Suche nach dem endlosen Horizont.
Deutschland, März 1965
Ein weinendes Kind sitzt auf dem Boden einer kalten, leeren Küche und lauscht traurig und ängstlich in die Stille des Hauses.
Das kleine Mädchen ist voller Angst und Zweifel. Sollte sie tatsächlich ihren Vater getötet haben? Ist sie wirklich so böse? Sie hat ihren Vater so sehr geliebt, wie sollte sie Schuld an seinem Tod haben? Angst und Verzweiflung fressen sich wie Gift durch den kleinen Körper.
Da plötzlich löst sich aus der einsetzenden Dämmerung ein großer Schatten und kommt langsam auf die Kleine zu. Sie weiß, was Angst ist, doch nun spürt sie keine. Als sie genau hinsieht, erkennt sie einen großen Mann mit langen schwarzen Haaren. Der Fremde beugt sich vorsichtig zu ihr hinunter und dann hört sie seine Stimme, eine Stimme die sie noch nie gehört haben kann und die doch so unendlich vertraut klingt:
„Weine nicht, bitte weine doch nicht, kleiner Sonnenschein!“ …