Auf den Spuren meiner Highland Vampire, 5

Der 11. Juni 2015 ..wie bitte? Schon?? Shit! Die Zeit vergeht viel zu schnell.

Wir frühstücken ziemlich zeitig in unserem 4 Sterne Guesthouse in Huntly.
(„Ladies, breakfast only until 8:45 a.m. and you will have to check out at 10:00“).
Wir verstehen, die Damen möchten nach 10 wieder ihre Ruhe haben, na gut. Allerdings ist das Frühstück köstlich und sehr üppig. Geistig canceln wir das Mittagessen und sehen uns nochmal die heutige Route an. Highlands pur!
Zügig verstauen wir unser Gepäck im Auto und bleiben bis Punkt 10 im Zimmer – jetzt erst recht 🙂 Dass die Damen es ernst meinen, kapieren wir spätestens, als um Punkt 10 das WLAN ausgeschaltet wird – wir haben verstanden. Grinsend suchen wir das Weite, fahren aus Huntly hinaus und auf die Landstraße Richtung Westen. Unser Endziel für heute ist Fort William. Zuvor aber sind der Loch Arkaig und der Loch Linnhe dran.
Während ich mir jetzt im Moment die Strecke nochmals auf der Karte rekapituliere, klopfe ich mir innerlich selbst auf die Schulter.  Satte Entfernungen, die ich da so gefahren bin.
Die Glenlivet Destillery lassen wir, ebenso wie diverse andere klangvolle Namen, links (im wahrsten Sinne des Wortes) liegen. Irgendwann sind wir mitten in den Cairngorns oder wie das Naturschutzgebiet heißt. Das steht zumindest auf der Karte, also glauben wir es einmal.

Highland-Impressionen, 2015

Highland-Impressionen, 2015

Ich würde euch zugerne all das beschreiben, was wir zu sehen bekommen – doch das ist schlicht unmöglich! Diese Landschaften, die Berge, die Weite, die vielen Flüsse, die Seen oh Verzeihung..die Lochs. Steffi kommt aus dem Fotografieren kaum mehr raus, auch ich würde gerne mehr meine Blicke über die unendliche Landschaft schweifen lassen, doch das ist bei Linksverkehr und engen Straßen eher kontraproduktiv und daher konzentriere ich mich leise seufzend auf die Straße.

Steffi liest zwischenzeitlich die Karte, um zu sehen, ob wir richtig sind. Ich höre sie neben mir leise brummeln:
„Dundee, Perth, Sydney…“
Gaby: „Steffi, bist du sicher, dass wir richtig sind?“
Steffi: „Ja, schon, warum?“
Gaby: „Das klingt NICHT nach Schottland!“
Steffi (mit breitem Grinsen): „Also, wenn Jeany uns nicht die falsche Karte mitgegeben hat, dann sind wir richtig. Wart mal..da hinten kommt angeblich ne Oper…“

Wir halten am Straßenrand an und stellen die große Kamera auf, abgesehen von der herrlichen Umgebung filmen wir auch gleich Stefanie wie sie verzweifelt auf die Karte starrend unserer Managerin Jeany erklärt, dass sie uns wohl leider die falsche Karte eingepackt hat.
Zitat: „Also, Jeany, auf deine Verantwortung fahren wir jetzt in dieses ‚Sydneeeeeey‘, falls du nie wieder etwas von uns hörst, ist klar warum, oder?“

Na gut, zugegeben, wir waren schon richtig. Was wir aber feststellen ist, dass die Schotten bei etwas ganz besonders sparen: Bei guten Aussichtspunkten an denen man – bitteschön – auch halten kann. Schon klar, wenn man diese Herrlichkeit täglich hat geht sie einem vielleicht am ….. vorbei. Wir waren hin und weg. Doch kaum war eine Parkmöglichkeit ausgeschildert, die wir freudestrahlend anpeilten – zack – Bäume und Felsen, also rund um die Parkbucht. Geflügeltes Wort des Tages: „Oh, Steine!“
Wir schafften es dann doch viele, viele Eindrücke einzufangen.

"Highland-Brotzeit" :-), 2015

„Highland-Brotzeit“ :-), 2015

Kurz nach Kincraig, meldete sich mein Kaffeesensor und zeigte einen deutlichen Koffeinmangel an. Wir suchten und fanden ein bezauberndes Roadhotel in dem wir uns endlich auch einen Scone mit jam und clotted cream orderten.

Während wir unseren Kaffee (ich) und Tee (Steffi) nippten, lief im Hintergrund in Dauerschleife das örtliche Nachrichtenprogramm. Erst nach dem zweiten Mal kapierte ich was ich hörte. Sir Christopher Lee war gestorben. Das dämpfte die Stimmung für eine kleine Weile, ehe uns bewusst wurde, dass der jetzt die Welt jenseits des Portals rockte! Ein wunderbarer Mann!!

Zurück auf der Straße kam dann endlich tatsächlich das erste Schild zum Loch Arkaig, leider ohne uns mitzuteilen wie weit es denn noch sei. Wir fanden uns auf einer single-track road wieder. Und dort verblieben wir die nächste Stunde!
Dann kam ein wunderschöner Loch in Sicht. Während wir an ihm entlangfuhren las Steffi die Schilder.

„Loch Lochy! Ah ist der schön. Warum hast du denn deine Story nicht hier spielen lassen?“
Gaby: mit hochgezogenen Augenbrauen „Loch Lochy??“
Steffi zieht eine Grimasse: „Stimmt, blöder Name für eine Location.“
Gaby: „Vielen Dank!“

Loch Arkaig, 2015

Loch Arkaig, 2015

Dann ist er plötzlich da: Der Loch Arkaig! Blau und glitzernd liegt er vor uns im Sonnenlicht. Leider können wir nicht zum Denkmal für die große Schlacht, der Weg ist versperrt („Du kommst hier nicht vorbei!!“). Den See zu umrunden um dort hin zu gelangen schaffen wir nicht, ihr wisst schon, die Zeit drängte mal wieder. Also geben wir uns mit dem gegenüber liegenden Ufer zufrieden, Steffi macht Bilder und ich ein paar Aufnahmen fürs Video. Wenn ich genau hinhöre, dann kann ich die leisen Stimmen der Highlander vernehmen, die uns die Geschichte ihrer letzten Schlacht hier erzählen. Gänsehaut!!

Der herrliche, still da liegende Loch Arkaig lädt dazu ein, hier auch gleich unser tägliches Video zu drehen. Spontan widmen wir es unserem Lieblings-Dracula. Ich liefere noch den Beweis, dass die Highlander tatsächlich am Loch Arkaig waren und dann ging es wieder los.

Tyne am Loch Arkaig, 2015

Tyne am Loch Arkaig, 2015

Memo an mich: Ein Häuschen am Loch Arkaig wäre verdammt inspirierend!

Auf dem Rückweg kommen wir zwangsläufig wieder am Loch Lochy vorbei. Er ist wirklich schön! Er hat diesen Namen nicht verdient! Ich bremse, wir steigen aus, bauen die Kamera auf und Steffi startet unser kulturelles Schottland-Hilfsprogramm „Re-naming Scotland“. Und so wurde aus dem Loch Lochy der … na, könnt ihr es euch denken?
Genau! Ich muss schon sagen, Loch Loki gefällt mir viel besser 🙂

Weiter geht es durch Landschaften die zu beschreiben einfach anmaßend wäre, das muss man sehen! Bezaubernde kleine Orte pflastern unseren Weg und mehr als einmal setzen wir eine geistige Landmark. (Hier wäre ein perfekter Autorenwohnort).
Den Loch Linnhe erreichen wir gegen 5 Uhr am Nachmittag und fangen dort die traumhafte Stimmung so gut wie möglich ein.
Kurz vor 6 machen wir uns auf die Suche nach unserem nächsten Bed & Breakfast, das – ich darf zitieren – ein klein wenig außerhalb von Fort William – liegen soll. Dem Himmel und Google sei Dank haben die Betreiber es bei Google gemeldet und so führt mein Handy uns durch unberührte, menschenleere Landschaften, über eine winzige Straße *hust*.

Als wir schon aufgeben wollen: „Kommt das noch irgendwann?“, taucht das Garadh Buidhe plötzlich hinter einem kleinen Hügel auf. Nach über 6 Stunden am Steuer habe ich es wieder mal geschafft! Jane und Michael sind wahrscheinlich die bezauberndsten Gastgeber der westlichen Hemisphäre und wir fühlen uns spontan wohl. Nachdem wir unsere Koffer hoch geschleppt haben – na gut Steffi hat geschleppt, meinen trug Michael hoch *smile*- meldete sich dann doch mal Hunger.
Michael:“Fahrt einfach die Straße links weiter. In 10 Minuten seid ihr in Spean Bridge. Gleich nach 20 Metern kommt der örtliche Coffee Shop. Dort gibts leckeres Essen.

Hatte ich das mit den schottischen Zeitangaben schon erwähnt?? ..ganz zu schweigen von den Entfernungsangaben?

Anyway eine gute halbe Stunde später erreichten wir ein typisch schottisches Lokal mit gutem Essen und meinem geliebten Irn Bru Zero, hach, so herrlich giftig!
Es dämmerte noch nicht, als wir gegen 9 Uhr zurückfuhren. Die Sonne stand aber tief und tunkte die Weideflächen zu beiden Seiten der Straße in flüssiges Gold. Mitten in dieser märchenhaften Atmosphäre lagen Highland Rinder und Schafe direkt neben dem Weg.
Steffi hatte bei unserer Ankunft Michaels cooles Motorrad gemustert und das brachte ihr nun, kurz vor Sonnenuntergang, noch eine Motorradfahrt mit unserem Vermieter ein.

Steffi: „Oh, ich habe keine passende Kleidung dabei.“
Michael: „Unsinn, du ziehst die von Jane an, der ist sie sowieso zu groß (Merke: Jane grob 1,50 m, Steffi ziemlich genau 1,80 m)“
Michael duldete keinen Widerspruch, Steffi wurde in die Kluft der kleinen Jane gequetscht und dann fuhren die beiden durch die Highlands in den Sonnenuntergang bis zum Fuß des noch schneebedeckten Ben Nevis.
Leute, könnt ihr nachvollziehen, dass wir diesem Urlaub ein klein wenig nachtrauern??

Bis morgen dann!!