Auf den Spuren meiner Highland Vampire, 8

der 14. Juni 2015. ..Es stimmt!

Tatsächlich haben wir nur noch 4 Tage. Quatsch, 3 Tage, denn ich muss am Donnerstag den 18.6. nach München fliegen. Ich dreh mich nochmal in dem unbeschreiblich bequemen Bett im Heatherbank Guesthouse um und versuche das einfach zu verdrängen. Diese Tour auf den Spuren unserer Bücher ist einfach zu schön.

Nutzt alles nichts, ich muss raus. Bei Pippa und John gibts zwar Frühstück bis halb elf, aber wir müssen ja eh los. Wir haben viel vor heute. Noch einmal duschen im Luxusbad, Haare waschen (ja, es gibt einen Föhn…kleiner Insider..) und dann ab in den Frühstücksraum. Das Frühstück ist toll, aber eine Herausforderung. John ist ein perfekter Schotte. Sparsam bei allem, beim Lächeln, beim Reden vor allem aber beim Orangensaft und beim Zucker. Geht bei mir nun leider gar nicht. Wir bitten um mehr Saft und darum, doch bitte die Zuckerdose aufzufüllen. John ist verstört – da sind doch noch drei Krümel drin. Kurz darauf bringt er die Dose wieder …. mit etwa 5 Löffeln Zucker. Wir grinsen uns eins und zerstören Johns Weltbild ein klein wenig mehr. Es schmeckt trotzdem und das auch noch sehr gut. Pippa und John haben sich ihre vier Sterne redlich verdient.
Einen Liter Earl Grey später packen wir wieder mal unsere Klamotten in die Koffer, sagen zum x-ten mal Bye Bye zu sehr lieben Menschen und fahren auf die Straße in Richtung… Glencoe!

Ich bin sehr neugierig auf dieses Tal – das Tal der Tränen. Wie wird es sich anfühlen dort zu stehen? Es heißt, dass noch heute die Geister der Toten dort umgehen.

Erst mal dauert es aber bis wir überhaupt dort ankommen. Ich brauch ne Tankstelle mit Druckluft. Ich bilde mir ein, der Vorderreifen verliert Luft. Wir finden eine Tankstelle doch die Vorrichtung für Luft ist eine Herausforderung. Bei uns komm ich passabel damit klar. Mit dem hier…öhm…! Ich dreh das Ding ein paar Mal um sich selbst, was es aber auch nicht besser macht. Ich beschließe, mich als technische Nulpe zu outen und stapfe missmutig in die Tankstelle. Das Bild da drin hättet ihr sehen müssen, ohne Mist, das war filmreif. Ein Kerl im blauen Overall lehnte hinter dem Tresen und kaute auf einem Kaugummi herum der locker als Füllmasse für einen mittleren Bombentrichter gereicht hätte. Der Knabe war ungefähr so kräftig gebaut, wie mein heimischer Kleiderständer, nur nicht annähernd so stabil. Sein Gesicht erinnerte mich an den Coyoten von Bugs Bunny..muss ich mehr sagen?
Gaby: „Sorry, ich komme leider nicht mit dem Luftding da draußen zurecht. Könnten Sie mir bitte helfen?“
Er wird blass und kaut etwas hektischer, die Hände bohren sich noch tiefer in die Taschen des Overalls.
Er: „Da kann ich nicht helfen.“
Gaby: „Äh, warum?“
Er:“Das ist nicht mein Job.“
Gaby: „Aber Sie arbeiten schon hier, oder passen Sie auf die Kasse auf?“
Er (knurrig): „Ja, ich arbeite hier.“
Gaby: „Prima! Und ich brauche Ihre Hilfe.“
Er: schweigt und kaut. Ich sehe ihn ziemlich stur an – ich kann das!!
Er (wütend): „Nun gut. ich kann es nicht. Ich kenne mich mit dem Ding nicht aus.“
Ich hebe lächelnd die Augenbrauen: „Ah, ja dann.“ Ich gehe mit leicht triumphierendem Blick – soviel zur technischen Nulpe!!

Also gibt es bis auf einen saumäßig mies gelaunten Tankhiwi, der sich bei einer Frau als Vollpfosten outen musste nichts..auch keine Luft. Ich beschließe, dass sie reicht und wir fahren weiter. Am Glencoe Tourist Center halten wir an um ..na ihr wisst schon, Frauen und Toiletten…. Außerdem gibts dort einen tollen Laden mit vielen, vielen Büchern!!

Ohne Worte.....

Ohne Worte…..

Wir suchen eine Weile schweigend herum, bis mir auffällt, dass Steffi ein ganz spezielles Buch durchblättert. Ihr Gesichtsausdruck ist eine Mischung aus Verzweiflung und Entschlossenheit. Seht selbst warum 🙂

 

 

 

Dann geht es ab ins Tal von Glencoe. Hab ich schon erwähnt, dass die Schotten bei Aussichtspunkten echt sparsam sind? Wir fahren die Strecke auf der wir gerne halten möchten geschlagene zwei Mal auf und ab, ehe wir einen guten Parkplatz finden. Jetzt hält uns nichts mehr. Das Tal liegt in strahlendem Sonnenschein vor uns und scheint nur auf uns zu warten. Steffi und ich klettern den steinigen Pfad vom Parkplatz aus nach unten, verkrümeln uns seitwärts und sind in einer anderen Welt.

Glencoe, Impressionen 2015

Glencoe, Impressionen 2015

Die Autos kann man kaum mehr erahnen, es ist mucksmäuschen still. Man hört Vögel singen, das Wasser eines Flusses plätschern …und…wir wissen es nicht, was uns hier einfach mit sehr viel Respekt herumlaufen lässt.

 

 

Steffi fotografiert, ich filme und ich habe die Eingebung, dass ich genau HIER eine Szene aus Tyne lesen muss. Also setze ich mich auf die Felsen im Tal der Tränen und lese. Für euch, für mich und auch ein wenig für die, die dort wohl tatsächlich noch immer sind. Ich habe das Gefühl, als würde das Tal schweigen – schwer zu beschreiben. Ich lese die ganze Szene und Steffi filmt das. Im Ernst, Leute, eine Lesung im Tal von Glencoe?? Ich hab jetzt noch Gänsehaut.

Glencoe, 2015

Glencoe, 2015

Wir können uns nicht von diesem magischen Ort trennen. Einfach nur dort sitzen und in alles hineinhorchen, vor allem in uns selbst. Sehr sehr widerstrebend verlassen wir eine gute Stunde später das Tal.

 

 

 

Okay wir wollen das Tal verlassen – das Auto meldet „Zu geringer Reifendruck“. Wir haben keine Wahl – wir müssen nochmal zu der Tankstelle. Ey, die Rahmenumstände hatten sich gewaltig geändert. Zwei etwas grummelig aussehende Männer stehen an der Einfahrt zur Tankstelle und rauchen. Ich gehe hoffnungsfroh auf sie zu und schildere mein Problem. YES! Einer ist der Chef der Tankstelle. Er kommt sofort mit und prüft die Reifen.

„Alles okay, Mädels. Die Reifen sind prima in Ordnung. Druck passt.“ Er prüft erst alle Reifen, dann sieht er uns an.
„Wie viel und vor allem wo seid ihr denn schon gefahren?“
Ich erzähle es ihm und er ist überrascht.
„Das ist ne lange Strecke und vor allem viele schwierige Strecken. Ich bin sicher, ihr habt irgendwo in den Highlands den Sensor geliefert. Ignoriert das Zeichen einfach.“
„Echt?“
„Klar, da passiert nichts.“
Ich mag den Mann spontan 🙂

Das Wetter ist noch immer herrlich, wir brechen wieder auf und wir nähern uns der Moorlandschaft. Eigentlich wollten wir ein wenig darin spazieren gehen. Das aber verkneifen wir uns dann doch, es sieht faszinierend aber nicht sehr vertrauenserweckend aus. Ich habe sofort eine ganz bestimmte Szene aus „Herr der Ringe“ im Kopf – man muss auch mal verzichten können 😉

Loch Lomond, 2015

Loch Lomond, 2015

Stattdessen fahren wir in den Loch Lomond National Park …aaaaahhhhhhh ……… wie kann eine Landschaft so verdammt schön sein? ..und warum müssen die Straßen so verdammt eng sein? Wie gerne hätte ich mehr davon gesehen, außer dem Gegenverkehr 🙁

Unser Entschluss, all das nochmal zu machen, aber mit einem Range Rover und einem Fahrer, reift langsam aber sicher heran. Dass wir es tun, steht schnell fest. Was nicht fest steht ist, wie der Fahrer aussehen soll. Mittlerweile haben wir eine ziemlich genaue Vorstellung davon *ganzbreitesGrinsen*!!

Es ist schon wieder ziemlich spät geworden und so fahren wir in Richtung unseres heutigen Domizils. Öchem…das war dann leider das einzige auf der ganzen Reise, das etwas..wie soll ich sagen … anders war. Es liegt direkt am Ufer des Loch Long, dahinter steigt eine Hügelkette hoch. Die Feuchtigkeit sammelt sich ..na, wo? Genau! Unten. Das ganze Häuschen war feucht: Die Wände, die Decke, die Betten (urgs). Zu allem Überfluss begann es da dann auch noch zu nieseln. Mein Versuch die Heizungs anzumachen verläuft fruchtlos. Es muffelt grauselig und es ist klamm im Zimmer. Wir sehen nach draussen, es nieselt noch immer. Wir versuchen herauszufinden wo  es feuchter ist: Drinnen oder draussen. Fazit: Wir gehen raus. Steffi war schon mal in diesem Ort und erinnert sich, dass es hier die weltbesten Fish & Chips gibt. Die Hände tief in den Jackentaschen versenkt, stiefeln wir los. Tatsache, der Geruch nach Bratfett kann erheiternd wirken, wenn du Kohldampf hast wie blöd. Die Leute stehen Schlange, die Lady im Laden ist ein herzliches Original und zehn Minuten später haben wir eine Riesenportion Fish & Chips in Händen und die Welt ist wieder in Ordnung. Sie ist so lange in Ordnung bis wir zurück ins Bed & Breakfast kommen. Obwohl es im Bad ar…kalt ist, entschließe ich mich zu duschen. Da das Wasser nicht abläuft, hebe ich die Fußmatte in der Duschkabine ein wenig an – blöder Fehler. Es gibt Dinge, die willst du in deinem Leben nicht sehen. Ich dusche mit beispiellosem Gleichmut – nutzt ja nichts. Als ich Steffi von meiner Entdeckung erzähle, weigert die sich beharrlich zu duschen.

„Nee, da geh ich nicht rein. Ich dusche morgen im Carronbridge, basta!“

Es wird eine kalte Nacht, obwohl der Besitzer für eine ganze Stunde (!!) die Heizung anschaltete *hust* Allein die Tatsache, dass ich am nächsten Morgen wieder zum Loch Lomond würde fahren dürfen, genügt schon, um meine Stimmung wieder auf Level normal zu bringen.